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AutorenbildMartina Schmid

Pastéis de Nata – vom Kloster in die ganze Welt


Pasteis den Nata auf einem Tablett mit Zimtstangen dekoriert


Es scheint ein wenig widersprüchlich. Gerade in der Weihnachtszeit, in der die Menschen ihr Herz für andere öffnen – so heißt es zumindest –, sind uns Traditionen, Altbekanntes und Vertrautes oft besonders wichtig. Düfte und Speisen, Lichter und Farben beschwören Kindheitserinnerungen herauf, aus denen wir in der kalten Jahreszeit Wärme und Geborgenheit ziehen und die uns Freude oder Vergessen schenken. Doch ganz so „regional“, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war, ist das Fest der Liebe heute für viele nicht mehr. Unsere Kontinente sind näher gerückt, Bräuche vermischen sich. Diesem Umstand verdanken wir, dass in unseren Supermärkten in der Adventzeit eine Köstlichkeit zu finden ist, die in Portugal seit 200 Jahren DAS Feingebäck par excellence geblieben ist: Pastéis de nata.


Süße Verführungen aus dem Kloster

Wie so oft in der Geschichte einzigartiger Produkte und Erzeugnisse, die sich in unseren kulinarischen Welten als unverkennbare Spezialitäten einen festen Platz erobert haben, entstanden die Pastéis de nata in einem Kloster. Wann genau die Mönche des Hieronymus-Klosters in dem damals kleinen Ort Belém, der zu der Zeit nur über den Wasserweg mit Lissabon verbunden war und heute ein Stadtteil der Hauptstadt ist, begannen, sie zu backen, und wer sie genau erfand, ist nicht mehr nachvollziehbar. Belegt ist allerdings, dass das Rezept bei der Schließung des Klosters im Jahre 1834 an eine kleine, an einer Raffinerie angeschlossene Zuckerbäckerei verkauft wurde, was zeigt, welcher Wert dem Küchlein wohl in jenen Tagen schon beigemessen wurde und wie geschätzt es gewesen sein muss. Bereits wenige Jahre später produzierte es die Konditorei Casa Pastéis de Belém unter dem Namen „Pastéis de Belém“.


… und anderswo In viele europäische Länder reiste das Pastel de nata mit den ersten portugiesischen Gastarbeitern ein – sehr zur Freude der jeweiligen einheimischen Bevölkerung, auch wenn es verhältnismäßig langsam Bekanntheit erlangte. Über die ehemalige portugiesische Kolonie Macau kamen die Pastéis de nata nach Asien. In China, wo sie als „dan ta“, also Eiertörtchen bezeichnet werden, in Singapur, Malaysia und Kambodscha gehören sie zu den beliebtesten Gebäcksorten überhaupt. In Brasilien sind sie in ihrer industriellen Ausführung das ganze Jahr über zu kaufen … und sogar fester Bestandteil der Karte einer Fastfood-Kette.


Das Rezept für Pastéis de Nata? Eine gute Frage!

Finden sich in Backbüchern und im Internet viele Rezepte für das Pastel de nata, so muss zunächst festgehalten werden, dass keines davon „das echte“ ist. Nur noch wenige handwerkliche Konditoren kennen das heute noch streng geheime Rezept, das sorgfältig gehütet und vererbt wird. Selbstverständlich hat jede Familie ihre eigene Interpretation des berühmten Küchleins – sozusagen ihre eigene Übersetzung des Geschmacks, den sie als traditionsgerecht betrachtet. Mit dem Namen „Pastéis de Belém“ wiederum dürfen sich ausschließlich diejenigen der Fábrica dos pastéis de Belém schmücken, in der man sie sowohl zum Mitnehmen kaufen als auch vor Ort genießen kann.


Pastel de nata – köstliche Kalorien

Das Wort selbst bedeutet nichts anderes als „Cremeküchlein“ oder „Sahnepastetchen“. Es besteht aus einem Blätterteigboden und einer Füllung aus Mehl, Milch und Eiern, die in der Konsistenz je nach genauen Anteilen, aber auch nach Erkaltungsgrad zwischen Konditorcreme und festem Pudding variieren kann. Das golden leuchtende Gebäck, das nach dem Backen mit Zimt und Puder- oder Vanillezucker bestreut wird, kann noch etwas warm oder kalt gegessen werden und ist in Portugal eine wahre Institution, die keine Kompromisse duldet. Gern wird erzählt, dass jeder in Portugal in der Lage ist, an Aussehen, Aroma und Geschmack ein Pastel de nata von einem echten Pastel de Belém zu unterscheiden. (K)eine weihnachtliche Spezialität? Pastéis de nata sind ursprünglich übrigens überhaupt kein Weihnachtsgebäck. Sie wurden es nur im deutschen Sprachraum, und dafür gibt es zwei Hypothesen. Die erste Geschichte besagt, dass Auslandsportugiesen, die sich fern der Heimat nach dem traditionellen Törtchen sehnten, sich gerade an den Feiertagen die kleine Köstlichkeit als Geschenk zusenden ließen oder sich besonders daran erfreuten, wenn sie anlässlich des Jahresendes für einige Tage nach Hause reisten. So soll die Verbindung des Pastel de nata zum Weihnachtsküchlein geworden sein. Linguisten vermuten allerdings einen anderen Zusammenhang, nämlich einen Lesefehler: Demnach wäre Pastéis de nata irrtümlicherweise als „Pastéis de natal“, also Weihnachtstörtchen, interpretiert worden, und aus diesem Missverständnis heraus habe die Marketingindustrie in deutschen Landen eine Verkaufsstrategie entwickelt, gegen die echtes portugiesisches Brauchtum sozusagen keine Chance hatte.

Ganz gleich, ob der herzerwärmendem oder eher der amüsanten Version der Vorzug gegeben werden soll: Pastéis de nata sind nicht nur ein Weg, Weihnachten mal „etwas anderes“ zu essen, sich vom Einerlei zu befreien oder sich mit der Geschmackskultur Portugals vertraut zu machen. Als spielerische Nascherei, die nicht nur als Nachtisch oder zum Kaffee, sondern zu jeder Tageszeit einfach mal so im Vorbeigehen für die kleine Besonderheit zwischendurch sorgt, vermitteln sie mit ihrer sonnigen Farbe jene Unbeschwertheit, die die Feiertage in einen kleinen Urlaub verwandeln kann – Urlaub von der Dunkelheit des Winters, Urlaub vom Ich.


Unseren Lesern schenken wir das einfachste Rezept, das sicher auch Backanfängern gelingen kann :


Zutaten für 12 Pastéis de Nata

250 g Blätterteig aus dem Kühlregal

1/2 l Milch

6 Eigelb (sehr frische Eier!)

40 g Mehl (Typ 550)

180 g Zucker

ggfs. etwas Butter für die Förmchen, wenn Sie keine Antihaft-Förmchen verwenden

1 Zimtstange

12 Tartelette-Förmchen oder 1 Muffin-Form für 12 Muffins


Zubereitung 1. Den Blätterteig nicht ausrollen, sondern zu einer Wurst formen, in 12 gleichmäßige Stücke schneiden und jeweils in die Förmchen pressen.


2. In einer Kasserole Milch, Zucker und Mehl verrühren. Auf kleiner bis mittlerer Flamme erhitzen, bis eine dicke und cremige Konsistenz erreicht ist.

Die Creme erkalten lassen, bis sie handwarm ist, dann die Eigelbe hinzugeben und mit dem Schneebesen einarbeiten.


3. Die Creme in die mit Blätterteig ausgelegten Förmchen füllen und 15 bis 20 Minuten bei 200° backen.


4. Die Pastéis de nata leicht erkalten lassen und aus der Form nehmen. Mit Zimt bestreuen (oder je nach Geschmack mit Puderzucker oder fein gemahlenem Vanillezucker).



Sie können noch warm, lauwarm oder kalt gegessen und sogar eingefroren werden. Unsere portugiesischen Freunde meinen, dass die Pastéis de nata dann besonders gut schmecken, wenn man sie in zwei Bissen isst. Wir geben den Tipp ungeprüft weiter … Nun ja, vorerst ungeprüft …



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